
Das Auge tränt beim Pferd: Ursachen & Behandlung mit Hausmitteln
Das Wichtigste in Kürze:
- Tränenfluss ist ein Symptom, keine Diagnose – von harmlosen Reizungen bis zu ernsthaften Entzündungen reicht das Spektrum möglicher Ursachen.
- Hausmittel mit Augenmaß einsetzen – sterile Kochsalzlösung, Euphrasia und Manuka-Honig (ophthalmisch) sind gut verträglich; Kamille strikt vermeiden.
- Reinigung immer von innen nach außen, mit frischem Pad pro Wisch – keine Druckausübung, keine wiederverwendeten Tücher.
- Fliegenmasken, Heubedampfung und gute Stallhygiene helfen, Reizquellen und Infektionen vorzubeugen.
- Sofort zum Tierarzt bei eitrigem Ausfluss, Hornhauttrübung, Lidkrampf oder fehlender Besserung nach 48 Stunden.
Tränende Augen gehören zu den häufigsten Symptomen in der Pferdemedizin – und zu den auffälligsten. Ob als harmlose Reaktion auf Wind und Staub oder als erstes Anzeichen einer ernsten Augenerkrankung: Der Abfluss von Tränenflüssigkeit kann zahlreiche Ursachen haben. Während manche Reizungen mit einfachen Pflegemaßnahmen zu beheben sind, erfordern andere eine gezielte tierärztliche Behandlung. Insbesondere im Frühstadium ist es entscheidend, zwischen banalen Auslösern und medizinischen Notfällen zu unterscheiden. Der vorliegende Beitrag bietet eine fundierte Übersicht über anatomische Hintergründe, häufige Ursachen, bewährte Hausmittel sowie therapeutische Optionen und zeigt auf, wann Vorsicht geboten ist.
Anatomie & Funktion: Wie das Auge des Pferdes tränt
Das Auge des Pferdes ist ein komplex aufgebautes Sinnesorgan, dessen Gesundheit maßgeblich von der Funktion des Tränenapparats abhängt. Die kontinuierliche Produktion von Tränenflüssigkeit dient der Befeuchtung, Reinigung und Infektionsabwehr der Augenoberfläche. Gemessen wird die Tränenproduktion in der Regel über den Schirmer-Tear-Test, wobei bei gesunden Pferden Werte zwischen 10 und 35 Millimetern pro Minute als normal gelten. Unterschreitet die Sekretion dauerhaft 10 mm/min, wird von einer pathologischen Unterproduktion ausgegangen.
Die Tränenflüssigkeit wird über den nasolacrimalen Kanal – auch Tränen-Nasen-Kanal genannt – aus dem Auge abgeleitet. Dieser Kanal beginnt am inneren Augenwinkel, verläuft durch den Nasenbeinbereich und mündet schließlich in die Nasenhöhle. Funktioniert dieser Abfluss reibungslos, bleibt das Auge klar und trocken. Ist der Kanal jedoch blockiert, kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr wie vorgesehen abfließen – ein Zustand, der als Epiphora bezeichnet wird. Die überschüssige Flüssigkeit läuft dann über die Gesichtshaut ab, was zu sichtbaren Tränenspuren führt.
Was passiert bei gestörter Tränenableitung?
Eine gestörte Ableitung der Tränenflüssigkeit hat nicht nur kosmetische, sondern auch medizinische Relevanz. Bleibt der Tränenfluss dauerhaft gestaut, steigt das Risiko für sekundäre Infektionen, Hautreizungen und chronische Entzündungen im Bereich des Auges. In rund 30 Prozent der chronischen Fälle ist eine Verstopfung des Tränen-Nasen-Kanals ursächlich. Diese kann durch mechanische Reize, Entzündungsprozesse oder angeborene Engstellen entstehen.
In der klinischen Praxis lässt sich eine solche Obstruktion meist unkompliziert beheben: Tierärztinnen und Tierärzte spülen den Kanal unter leichter Sedierung mit steriler Kochsalzlösung durch. Ein rascher Erfolg der Maßnahme gilt als diagnostisches und therapeutisches Kriterium zugleich.
Häufige Ursachen tränender Pferdeaugen
Umweltfaktoren und Reize
Nicht jede verstärkte Tränenbildung beim Pferd hat krankhafte Ursachen. Häufig sind es äußere Reize, die das empfindliche Auge zu einer vermehrten Sekretion anregen. Staub, Wind, intensive Sonneneinstrahlung oder Fremdkörper wie Heu- oder Strohteile zählen zu den häufigsten Auslösern. Auch Fliegen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle: Als potenzielle Überträger von Bakterien und Parasiten reizen sie nicht nur die Augenoberfläche, sondern können auch Infektionen begünstigen.
Eine solche reaktive Epiphora klingt in der Regel rasch ab, sobald der auslösende Reiz beseitigt ist. Bleibt die Tränenproduktion jedoch über mehrere Tage erhöht oder treten weitere Symptome auf, sollte eine weitergehende Abklärung erfolgen.
Infektionen und Entzündungen
Ein tränendes Auge kann auch Symptom einer ernstzunehmenden Erkrankung sein. Besonders häufig ist eine infektiöse Bindehautentzündung (Konjunktivitis), die durch Bakterien, Viren oder – seltener – Pilze ausgelöst wird. Die betroffenen Pferde zeigen häufig zusätzlich gerötete Bindehäute, Juckreiz und vermehrten Lidschlag.
Deutlich schwerwiegender ist eine Uveitis, insbesondere in Form der periodisch auftretenden Equinen Rezidivierenden Uveitis (ERU), auch bekannt als „Mondblindheit“. Sie gilt als häufigste Erblindungsursache beim Pferd im deutschsprachigen Raum. Der Tränenfluss ist bei ERU oft das erste klinische Anzeichen. Weitere typische Symptome sind Lichtempfindlichkeit, Lidkrampf (Blepharospasmus) und Hornhauttrübung.
Verstopfung des Tränen-Nasen-Kanal
In rund einem Drittel der chronisch tränenden Augen liegt die Ursache nicht im Auge selbst, sondern im gestörten Abfluss der Tränenflüssigkeit. Eine Verstopfung des Tränen-Nasen-Kanals kann durch Schleim, Entzündungsreste oder Verengungen entstehen und führt dazu, dass die Flüssigkeit nicht mehr über die Nase abfließen kann. Der sichtbare Tränenfluss nach außen ist in solchen Fällen keine Überproduktion, sondern eine Fehlableitung.
Glücklicherweise lässt sich dieser Zustand in vielen Fällen schnell beheben: Ein Tierarzt kann den Kanal durch eine einfache Spülung wieder durchgängig machen. Bei anhaltender Symptomatik können bildgebende Verfahren und endoskopische Kontrollen erforderlich werden.
Diagnose durch die Tiermedizin: Gängige Untersuchungsmethoden
Die präzise Diagnose der Ursache für tränende Augen ist essenziell, um zwischen harmlosen Reaktionen und behandlungsbedürftigen Erkrankungen zu unterscheiden. Tierärztinnen und Tierärzte greifen dabei auf eine Kombination standardisierter Untersuchungsverfahren zurück.
Ein zentraler Test ist der Schirmer-Tear-Test, mit dem die Menge der Tränenproduktion objektiv gemessen wird. Werte unter 10 mm pro Minute deuten auf eine unzureichende Sekretion hin. Um mögliche Schäden an der Hornhaut zu erkennen, wird häufig zusätzlich der Fluoreszein-Test eingesetzt: Eine fluoreszierende Substanz macht selbst kleinste Defekte in der äußeren Hornhautschicht sichtbar.
Bei Verdacht auf eine Verstopfung des Tränen-Nasen-Kanals kann eine Spülung oder Endoskopie durchgeführt werden. Dabei wird überprüft, ob die Tränenflüssigkeit ordnungsgemäß abfließen kann oder ein mechanisches Hindernis vorliegt. In komplizierten Fällen wird ergänzend eine Laboranalyse vorgenommen – etwa zur Identifikation spezifischer Erreger durch bakteriologische Untersuchung oder PCR-Diagnostik.
Wann ein Tierarztbesuch unumgänglich ist
Nicht jeder Tränenfluss ist behandlungsbedürftig – einige Warnsignale jedoch machen eine sofortige tierärztliche Vorstellung zwingend erforderlich. Dazu zählen:
- Eitriger oder blutiger Ausfluss, insbesondere gelblich-grünes Sekret
- Hornhauttrübung oder sichtbare Verletzungen
- Lidkrampf (Blepharospasmus) und starke Lichtempfindlichkeit
- Fieber über 38,2 °C
- Keine erkennbare Besserung innerhalb von 48 Stunden trotz sorgfältiger Reinigung
In solchen Fällen ist der Tränenfluss kein isoliertes Symptom mehr, sondern Teil eines potenziell schwerwiegenden pathologischen Geschehens. Eine frühzeitige Intervention kann nicht nur das Auge, sondern auch das Sehvermögen langfristig erhalten.
Erste Maßnahmen und hygienische Pflege
Sanfte Reinigung: Was wirklich hilft
Eine sorgfältige Erstversorgung kann in vielen Fällen dazu beitragen, Reizungen zu lindern und eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Grundlage jeder Augenpflege ist die hygienische Reinigung mit steriler 0,9 %iger Kochsalzlösung oder alternativ mit abgekochtem, lauwarmem Wasser. Dabei sollte stets von innen (nasal) nach außen (temporal) gewischt werden, um Keime nicht zur Tränenöffnung hin zu verschleppen.
Für die Reinigung eignen sich sterile Gazepads oder fusselfreie, saubere Tücher. Wichtig ist: Für jeden Wisch ein neues Pad verwenden, um eine Übertragung von Keimen zu vermeiden. Diese Maßnahme ist sowohl bei leichten Reizungen als auch zur begleitenden Pflege bei tierärztlich behandelten Augen geeignet.
Do & Don’t bei der Erstversorgung
Einige einfache Regeln helfen, Komplikationen zu vermeiden:
• Nur sterile Kochsalzlösung oder abgekochtes Wasser verwenden
• Von innen nach außen reinigen
• Jeweils ein frisches Pad pro Wisch
• Bei Unsicherheit Tierarzt konsultieren
• Kein Kamillentee – reizt die Hornhaut und kann Allergien auslösen
• Keine wiederverwendeten oder kontaminierten Tücher
• Kein Druck auf das Auge ausüben
• Keine Hausmittel ohne vorherige Prüfung auf Verträglichkeit anwenden
Gerade bei ersten Anzeichen einer Verschlechterung – etwa eitrigem Sekret, Hornhauttrübung oder Lidkrampf – ersetzt die hygienische Pflege keinesfalls die tierärztliche Untersuchung, sondern dient ausschließlich der begleitenden Unterstützung.
Hausmittel im Überblick: Wirkung, Anwendung und Risiken
Die Anwendung von Hausmitteln zur Augenpflege bei Pferden ist weit verbreitet – doch nicht alle natürlichen Substanzen sind unbedenklich oder wirksam. Während einige Mittel unterstützend zur Linderung einfacher Reizungen beitragen können, bergen andere ein erhöhtes Risiko für Verschlechterungen oder Komplikationen. Eine fundierte Bewertung hilft, Nutzen und Gefahren realistisch einzuschätzen.
Gut belegt und unbedenklich
Sterile Kochsalzlösung gilt als Goldstandard in der Augenpflege. Sie eignet sich hervorragend zur mechanischen Reinigung und kann bedenkenlos mehrfach täglich angewendet werden – etwa zur Spülung oder zur Befeuchtung eines Gazepads.
Euphrasia (Augentrost) wird in der Komplementärmedizin häufig verwendet. Auch wenn die Evidenzlage aus tiermedizinischer Sicht begrenzt ist, zeigen Kohortenstudien am Menschen eine gute Verträglichkeit. Euphrasia ist als Augentropfen oder Globuli erhältlich und derzeit nicht dopingrelevant.
Manuka-Honig (UMF ≥ 15) besitzt in steriler, ophthalmologischer Form antimikrobielle Eigenschaften und kann die Heilung bei oberflächlichen Hornhautverletzungen fördern. Wichtig ist, ausschließlich für das Auge zugelassene Präparate zu verwenden – handelsüblicher Honig ist ungeeignet.
Mit Einschränkung empfohlen
Schwarztee-Kompressen wirken dank ihrer Gerbstoffe adstringierend und leicht kühlend. Der Tee sollte allerdings nur kurz (etwa eine Minute) ziehen, und es dürfen ausschließlich gut ausgekühlte Teebeutel verwendet werden – diese nur äußerlich und nie direkt am Auge anwenden, um mechanische Reizungen durch Partikel zu vermeiden.
Quarkkompressen oder Kühlkompressen können bei geschlossenen Lidern für Abschwellung sorgen. Sie sollten jedoch nur kurzfristig und unter streng hygienischen Bedingungen eingesetzt werden, da bei unsachgemäßer Anwendung ein erhöhtes Kontaminationsrisiko besteht.
Aloe-vera-Gel wird vereinzelt wegen seiner entzündungshemmenden Eigenschaften verwendet. Voraussetzung ist eine sterile Aufbereitung – kommerzielle Gele sind meist nicht keimfrei und daher kritisch zu bewerten.
Nicht geeignet oder riskant
Kolloidales Silber wird gelegentlich wegen seiner antimikrobiellen Wirkung genutzt. Eine Anwendung am Auge ist jedoch Off-Label und kann bei längerer Nutzung zur Einlagerung von Silberpartikeln (Argyrie) führen. Studien zur Wirksamkeit bei Pferden fehlen.
Pflanzliche Aufgüsse aus Ringelblume oder Eichenrinde enthalten entzündungshemmende Tannine und Triterpene. Sie können äußerlich zur Linderung beitragen, bergen jedoch ein gewisses Allergierisiko. Nur filtrierte und gut gekühlte Lösungen verwenden.
Dampfbäder, etwa mit Augentrost-Zusätzen, werden traditionell bei Schleimhautreizungen eingesetzt. Sie gelten jedoch als potenziell gefährlich: Temperaturen über 40 °C sowie mangelnde Hygiene können Keime verbreiten oder die Schleimhäute schädigen.
Nicht empfohlen: Kamillentee. Trotz seiner Beliebtheit führt Kamille häufig zu allergischen Reaktionen und kann bei direktem Kontakt mit der Hornhaut sogar Blindheit auslösen. Sie sollte konsequent vermieden werden.
Checkliste für die sichere Anwendung
• Sterile Kochsalzlösung (✓ evidenzbasiert)
• Euphrasia (✓ gut verträglich, begrenzte Evidenz)
• Ophthalmischer Manuka-Honig (✓ wirksam bei Ulzera, nur sterile Produkte)
⚠ Mit Vorsicht verwenden:
• Schwarztee (nur kurz gezogen & äußerlich)
• Quark & Kühlkompressen (nur bei geschlossenem Lid, hygienisch!)
• Aloe-vera (nur sterile, geprüfte Produkte)
✘ Nicht empfohlen:
• Kamillentee
• Kolloidales Silber (keine Studien, Argyrie-Risiko)
• Dampfbäder (Verbrühungsgefahr, Keime)
Die Auswahl eines Hausmittels sollte stets unter Berücksichtigung der klinischen Situation, des Hygienezustands und möglicher Risiken erfolgen. Bei unklarer Ursache oder fehlender Besserung ist grundsätzlich eine tierärztliche Abklärung vorzuziehen.
Therapie durch den Tierarzt: Behandlungsoptionen bei Infektionen, Fremdkörpern & Co.
Liegt dem tränenden Auge eine behandlungsbedürftige Erkrankung zugrunde, ist die tierärztliche Therapie alternativlos. Die erste Maßnahme ist in vielen Fällen die Entfernung von Fremdkörpern – sei es Heustaub, Grannen oder Insektenbestandteile. Unter lokaler Betäubung lassen sich diese oft schonend aus dem Bindehautsack entfernen.
Bei nachgewiesener Infektion kommen antibiotische oder antifungale Augensalben zum Einsatz. Diese werden mehrmals täglich verabreicht und in der Regel gut vertragen. Wichtig: Kortikosteroide dürfen erst dann verwendet werden, wenn ein Hornhautgeschwür (Ulkus) sicher ausgeschlossen wurde – andernfalls besteht die Gefahr der Verschlechterung.
Begleitend werden bei entzündlichen Prozessen häufig nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAIDs) in Tropfenform oder als systemische Medikation eingesetzt. Sie lindern Schmerzen, senken die Reizung und helfen, weitere Gewebeschädigungen zu verhindern.
Medikamentöse und chirurgische Ansätze
Ein häufiger Grund für persistierenden Tränenfluss ist die Verstopfung des Tränen-Nasen-Kanals. In solchen Fällen wird unter Sedierung eine Tränenwegsspülung durchgeführt. Dabei wird sterile Kochsalzlösung über den oberen Tränenpunkt eingebracht, um Ablagerungen und Verstopfungen zu lösen. Die Maßnahme ist in der Regel risikoarm und bringt oft sofortige Besserung.
Sollte die Obstruktion trotz mehrfacher Spülungen bestehen bleiben oder sich als strukturelles Problem (z. B. Fehlbildung oder Narbenbildung) herausstellen, sind bildgebende Verfahren oder in Einzelfällen ein chirurgischer Eingriff notwendig.
Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie einer Equinen Rezidivierenden Uveitis (ERU) kann eine Langzeittherapie erforderlich werden, die systemische Medikamente, Spezialtropfen oder in besonderen Fällen sogar eine Glaskörperentfernung (Vitrektomie) umfasst. Ziel ist stets die Erhaltung der Sehfähigkeit und die Kontrolle des Entzündungsgeschehens.
Vorbeugung & Management im Alltag
Haltungsbedingungen optimieren
Die beste Therapie ist häufig die, die gar nicht notwendig wird – entsprechend spielt Prävention eine zentrale Rolle im Management tränender Augen. Ein wesentliches Element ist die Optimierung der Haltungsumgebung. Ställe sollten gut belüftet sein, jedoch ohne Zugluft. Besonders in geschlossenen Gebäuden begünstigen Ammoniakdämpfe und Staub die Reizung der empfindlichen Augenoberfläche.
Auch die Wahl des Futters trägt zur Augengesundheit bei. Staubarmes oder bedampftes Heu reduziert mechanische Irritationen, insbesondere bei Pferden mit empfindlichen Atemwegen oder allergischer Disposition. Darüber hinaus empfiehlt es sich, grobe Einstreu oder scharfkantiges Futter (z. B. lange Heuhalme) regelmäßig auf Fremdkörperpotenzial zu prüfen.
Fliegenkontrolle und Futterhygiene
Fliegen sind mehr als bloße Plagegeister – sie fungieren als Vektoren für Krankheitserreger und verursachen durch ständige Reizung einen dauerhaften Tränenfluss. Besonders gefährdet sind Pferde mit hellen Fell- oder Hautpartien im Gesicht sowie solche, die auf Weiden mit hoher Insektenbelastung gehalten werden. Hier hat sich der Einsatz von Fliegenmasken als äußerst effektiv erwiesen. Diese bieten nicht nur mechanischen Schutz, sondern reduzieren auch die Gefahr sekundärer Infektionen deutlich.
Ergänzend sollten Maßnahmen zur Parasitenkontrolle regelmäßig umgesetzt werden. Dazu zählen konsequente Entwurmung, Weidehygiene und tierärztliche Zahnkontrollen – denn scharfe Kanten an Backenzähnen können das Auge über Reflexbögen indirekt reizen.
Mit einem ganzheitlichen Management lassen sich viele Ursachen tränender Augen vermeiden oder frühzeitig erkennen – bevor sie behandlungsbedürftig werden.
Aktuelle Forschung & neue Therapieansätze: Trends in der Tiermedizin
Die Augenheilkunde beim Pferd ist ein dynamisches Fachgebiet, in dem laufend neue Therapieansätze und Diagnostikmethoden entwickelt werden. Besonders vielversprechend zeigt sich der Einsatz von SOCS1-KIR-Peptid-Augentropfen. Eine erste Studie an der University of Florida konnte bei Pferden mit Equiner Rezidivierender Uveitis (ERU) eine teilweise Rückkehr der Sehfähigkeit dokumentieren. Derzeit laufen multizentrische Studien, um die Wirksamkeit weiter zu evaluieren.
Auch die Anwendung von ophtalmischem Manuka-Honig rückt zunehmend in den Fokus. In tierexperimentellen Studien zeigte der sterile Medizinhonig mit hohem UMF-Wert eine signifikante Wirkung bei der Wundheilung von Hornhautulzera, insbesondere aufgrund seiner antimikrobiellen Eigenschaften und der Förderung der Geweberegeneration. Die Anwendung erfolgt ausschließlich in steriler, speziell aufbereiteter Form – roh verarbeiteter Honig bleibt kontraindiziert.
Rechtliches im Pferdesport: Dopingrelevanz pflanzlicher Mittel
Die Verwendung von Hausmitteln im Pferdesport wirft immer wieder Fragen hinsichtlich ihrer dopingrechtlichen Relevanz auf. Besonders pflanzliche oder naturheilkundliche Präparate stehen im Verdacht, ungewollt gegen die Regularien sportlicher Wettkämpfe zu verstoßen. Umso wichtiger ist eine klare Einordnung der gängigen Mittel.
Aktuell (Stand 2025) gelten Euphrasia, Aloe-vera-Präparate sowie steriler Manuka-Honig laut Datenbank der VetPharm UZH als nicht dopingrelevant im Sinne der Liste der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI). Ihre Anwendung ist also im Rahmen turniersportlicher Aktivitäten zulässig, sofern sie sachgemäß und ohne zusätzliche pharmakologische Zusätze erfolgt.
Anders kann es bei nicht standardisierten oder verunreinigten Produkten aussehen. Hier besteht das Risiko, dass Substanzen enthalten sind, die in der aktuellen FEI-Datenbank nicht eindeutig gelistet oder aufgrund möglicher systemischer Wirkung doch als relevant eingestuft werden. Eine vorherige tierärztliche Rücksprache sowie der Blick in die aktuelle FEI Prohibited Substances Database bleiben daher dringend zu empfehlen – insbesondere bei ambitionierten Sportpferden mit Turniereinsatz.
Warnzeichen ernst nehmen: Wann zum Tierarzt?
Ein tränendes Auge ist nicht per se ein medizinischer Notfall – wohl aber dann, wenn es von bestimmten Begleitsymptomen begleitet wird. Diese sogenannten Red Flags deuten auf ernsthafte pathologische Prozesse hin und erfordern eine sofortige tierärztliche Abklärung:
- Eitriger oder blutiger Ausfluss, insbesondere gelbgrünes Sekret
- Hornhauttrübung, weißlich-bläuliche Verfärbungen oder sichtbare Defekte
- Lidkrampf (Blepharospasmus) oder auffälliges Zusammenkneifen des Auges
- Starke Lichtscheue oder vollständige Vermeidung von Helligkeit
- Verletzungen im Bereich des Auges oder der angrenzenden Haut
- Fieber über 38,2 °C, insbesondere bei zusätzlichen Infektanzeichen
Diese Symptome sind klare Hinweise darauf, dass ein banaler Tränenfluss in ein behandlungsbedürftiges Krankheitsbild übergegangen ist. Jede Verzögerung der Behandlung kann das Risiko für bleibende Schäden am Auge oder gar den vollständigen Verlust des Sehvermögens erhöhen.
Was tun, wenn keine Besserung eintritt?
Auch bei zunächst unauffälligem Tränenfluss sollte das Auge genau beobachtet werden. Tritt nach 48 Stunden keine erkennbare Besserung ein – trotz Reinigung, Fliegenabwehr und geeigneter Hausmittel – ist eine tierärztliche Untersuchung dringend angeraten. Selbst scheinbar milde Symptome können Vorboten schwerwiegender Augenerkrankungen sein, die nur durch frühzeitige Diagnostik erfolgreich behandelt werden können.
Quellen
- https://horsevet24.com/was-tun-wenn-das-auge-des-pferdes-geschwollen-ist/
- https://www.equidiva.com/a/l/de/blogs/conseils-veto/nettoyer-les-yeux-de-mon-cheval
- https://www.barynesse.com/single-post/bindehautentzuendung-pferd
- https://www.pferdefutter.de/de/pernatura-euphrasia-augenpflege-tropfen-p5446/
- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9696375/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12950657/
- https://www.youtube.com/watch?v=cMo7mRTPn3A
- https://www.fr.de/ratgeber/tiere/entzuendete-augen-tieren-nicht-kamille-behandeln-11010595.html
- https://www.frontiersin.org/journals/immunology/articles/10.3389/fimmu.2024.1513157/full
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40322843/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35771164/
- https://www.merkur.de/leben/tiere/insekten-fliegenmaske-fuer-pferde-mehr-als-ein-schutz-vor-zr-93717042.html
- https://inside.fei.org/sites/default/files/2025%20Prohibited%20Substances%20List.pdf
- https://alogenic.com/blogs/news/aloe-vera-treatments-for-horses-a-z
- https://animalhealth.ahri.gov.eg/Files/File959770210.pdf
- https://www.savvyhorsewoman.com/2023/12/eye-allergies-in-horses.html
- https://www.parkcityequinecenter.com/horse-vet-blog/how-to-treat-eye-infections-in-horses